Die Übersetzer

Ich möchte jetzt zum Abschluß noch ein paar Namen nennen, die gleichsam Eckpunkte in dieser Geschichte des gespannten Wartens auf Plato markieren.

Petrarca ist 1374 gestorben, und als Hüter und Propagator seines geistigen Erbes hat er Boccaccio vorgesehen. Petrarca hat Boccaccio auch eine ansehnliche Summe vermacht mit einer besonderen Widmung: er solle sich darum recht haltbare und warme Kleider kaufen, damit er viel herumreisen und seine Ideen unter die Leute bringen könne. Boccaccio hat die Verpflichtung sehr ernst genommen, und vor allem eine Aufgabe darin gesehen, die Bibliothek Petrarcas zu bewahren. Tragischerweise ist er, der um neun Jahre jünger war, schon ein Jahr nach Petrarca gestorben. Aber es gab in Florenz noch andere, die sich um dieses Erbe Petrarcas kümmern wollten. Niccolo Niccoli und Luigi Marsigli, der ein Schüler Petrarcas war. Durch ihre Vermittlung ist die Tradition an einen Mann weitergegeben worden, den man nun nicht mehr als Vorläufer, sondern schon als die erste monumentale Figur des Humanismus ansprechen kann, Coluccio Salutati (1331-1406).

Salutati hat Petrarca nicht persönlich gekannt, aber Briefe mit ihm gewechselt. Bei Salutati sind alle Motive des humanistischen Denkens voll ausgebildet. Er war von 1375 bis zu seinem Tod Kanzler von Florenz, d.h. er hat die Verbreitung und Förderung des Humanismus auch als eine politische Aufgabe betrieben. Er hat den Byzantiner Manuel Chrysolaras anläßlich eines Besuches 1375 dazu bewegt in Florenz zu bleiben, und er hat ihm einen Lehrstuhl für griechische Sprache eingerichtet, sodaß ab 1397 in Florenz griechisch unterrichtet worden ist. Salutati selbst hat das nicht mehr erlernt, aber aus der ersten Generation der Chrysolaras-Schüler kam der Mann, der den ersten Durchbruch markiert, Leonardo Bruni aus Arezzo (1374-1444), von Salutati auch zu seinem Nachfolger als Kanzler bestimmt.

Leonardo Bruni war der erste, der eine größere Anzahl von Plato-Übersetzungen geschaffen hat: 1404/05 Phaidon, 1409 Gorgias, 1423/27 Kriton, ab 1424 die Apologie, ebenfalls 1424 den Phaidros, 1427 die Briefe. Bruni hat auch Teile des Symposion übersetzt, und zB auch die Nikomachische Ethik. Wenige Jahrzehnte danach beginnt dann die letzte Phase dieser Vorgeschichte der Plato-Entdeckungsreise, verbunden mit den Namen Cosimo Medici und Marsilio Ficino.