Platos Phaidros

Der Phaidros ist ein Dialog, vielleicht sollte man besser sagen: ein sehr intimes Gespräch, mit zwei großen Themen: die Liebe und die Redekunst. Aber diese beiden Themen werden da nicht einfach nacheinander abgehandelt oder besprochen, sondern sie sind in einer sehr raffinierten Struktur ineinander verschlungen. Da gäbe es viel dazu zu sagen, wir müssen uns jetzt mit einer relativ groben Vergenwärtigung begnügen.

Überblick

Zuerst ist da die Rede des Lysias, die von Phaidros dem Sokrates rezitiert wird. Diese Rede des Lysias ist eine Liebeswerbung besonderer, paradoxer Art - der Preis des Nicht-Verliebten. Coolness. Insofern schließt diese Rede eine besondere Auffassung von Liebe - oder sagen wir: der Liebesdinge ein, eine narzistische Auffassung, würde man heute vielleicht sagen. Ihr wird dann später von Sokrates widersprochen, und insofern ist einer der Gegensätze, die den Dialog bestimmen, der von göttlich inspirierter und kalkulierender Liebe. Zugleich geht es aber auch um das Reden selbst, also darum, ob Sokrates ebenso gut reden kann wie der berühmte Lysias. Diese competitive Frage wird zuerst ironisch aufgenommen, indem Socrates die Rede des Lysias gleichsam noch einmal hält. Und dann erst folgt seine große Rede, für die der Dialog so berühmt ist, und die ja eher ein Prosagedicht ist als eine normale Rede, wie wir sie von Sokrates aus den anderen Dialogen gewohnt sind. Und nach dieser großen Rede kommt dann noch eine eher theoretische und auch sehr interessante Diskussion, die direkt mit dem Begriff der Redekunst und der Kunst im Allgemeinen zu tun hat.

Also bei der großen Rede selbst ist es so, daß sie ja ein Ziel auf jeden Fall hat, nämlich zu zeigen, daß man, wenn man umworben wird, eher einem Verliebten als einem Nicht- Verliebten zu Gefallen sein soll. Und insbesondere geht es da auch um die Widerlegung eines von Lysias vorgebrachten Argumentes, daß nämlich der Verliebte deshalb zurückzusetzen sei, weil er ja eigentlich krank, nämlich wahnsinnig ist. Und zwar wird diese Verbindung von Verliebtheit und Wahnsinn von Sokrates gar nicht geleugnet, sondern er bestreitet einfach, daß der Wahnsinn etwas Schlechtes sei.

Wenn man die Rede als ganze überblickt, dann entspricht sie auch dieser Aufgabenstellung, nämlich es kommt am Schluß heraus, daß die Vorzüglichkeit einer Liebesbeziehung davon abhängt, daß man tatsächlich verliebt ist, es wird erkennbar, inwiefern diese Verliebtheit eine Art Wahnsinn ist, und es wird drittens klargemacht, worin die Würde, der Wert des Wahnsinns besteht. Allerdings die Durchführung, die Gestaltung dieses Arguments ist sehr kompliziert. Die Sache beginnt damit, daß Sokrates eine Aufzählung von drei verschiedenen Arten des Wahnsinns gibt - prophetischer, exorzistischer und dichterischer Wahn könnte man sie nennen, und dann stellt er irgendwie den Begriff eines Liebeswahns in den Raum, aber er sagt man müsse, um über diese Dinge reden zu können, zuerst einmal Klarheit über die Natur der Seele überhaupt gewinnen. Und das macht er in zwei Teilen, von denen ist der erste ganz kurz, aber deshalb nicht weniger schwierig, nämlich ein Beweis für die Unsterblichkeit der Seele, der gerade eine Seite lang ist. Und nach diesem Beweis sollte eine Erklärung folgen, was die Natur der Seele so überhaupt und im Wesentlichen ist, und da sagt Sokrates nun, dass ihm das über seine Kräfte geht, das bedürfte einer geradezu göttlichen Abhandlung, und was er bieten kann, das ist nicht die direkte Erklärung, sondern ein Vergleich, ein Gleichnis für das, was die Seele ist.

Die Bewegung

Das Bild, das uns die Natur der Seele verdeutlichen soll, ist das eines Gespannes. Und zwar können wir zwei Aspekte unterscheiden: die Konstitution, also Beschaffenheit oder Aufbau des Gespannes, und anderseits seine Bewegungsweise, sein Bewegungsgesetz. Beides hängt natürlich zusammen. Zuerst der Aufbau des Gespanns: ein Lenker, zwei Pferde - das sind die hauptsächlichen Elemente; dann gibt es natürlich noch den Wagen selbst, ein Gestell, das spielt keine besondere Rolle, und zuletzt noch die Federn, denn es ist ein geflügeltes, gefiedertes Gespann. Die Federn sind wichtig, sie gehören, ähnlich wie die Pferde, zum Antriebssystem des Ganzen. Nun muß man noch ergänzen, daß Plato sagt, Lenker und Pferde der Götter seien alle gleich gut, bei allen Nicht-Göttern aber gemischt, nämlich alle anderen haben zwei verschiedene Pferde, ein gutes und ein schlechtes, unedles. Zu den Federn ist noch zu bemerken, daß sie die Funktion haben, das ganze Gespann - also die Seele - in die Höhe und zum Guten und Göttlichen aufsteigen zu lassen; wenn die Federn hingegen verkümmern oder gar nicht da sind, dann stürzt oder steigt das Gespann ab, zur Erde herunter oder gar noch tiefer in die Gräben und Gänge der Unterwelt. Und nun zu der Bewegungsweise. Die Bewegungsweise eines solchen Gespannes kann man nicht isoliert betrachten, sondern die geschieht und wird verständlich nur in einem Gesamtsystem, und das ist in diesem Bild die große Cavalcade der Götter, angeführt von Zeus. Jeder der Götter hat sein Gespann, und zu jedem der Götter gehört ein eigenes Gefolge von anderen Seelen, dämonischen und menschlichen, mit ihren Gespannen. Ja, und wenn nun die Götter zum Gelage gehen, dann fährt diese Seelen-Schar durch den ganzen Kosmos zum Himmel hinauf, bis sie oben am höchsten Punkt anlangen, und dann durchstoßen sie den Himmel, sie steigen hinaus in den überhimmlischen Ort, und umkreisen dann von außen den ganzen Kosmos. Dort draußen, am überhimmlischen Ort, befindet sich “das farblose, formlose und stofflose wahrhaft seiende Wesen” - und dieses ist Gegenstand der Schau derer, die da ganz hinaufgekommen sind. Die Gerechtigkeit, die Besonnenheit, das Wissen selbst, in ihrer idealen Gestalt, kann man da sehen. So zieht also die Cavalcade einmal rundherum, und dann kehrt sie wieder zurück ins Innere des Himmelsgewölbes.

Diese ganze Reise ist nun kein Problem für Zeus und die anderen Götter; aber was die Menschen anlangt, so ist es keineswegs garantiert, daß sie bei ihrem Aufstieg es schaffen, ganz nach oben zu kommen, also das Himmelsgewölbe zu durchstoßen und nach außen sehen zu können. Das hängt ganz davon ab, wie sie mit ihren Pferden zurechtkommen, von denen eines durchaus willig und folgsam ist, das andere, unedle aber widerspenstig. Das zerrt nach unten, hält die ganze Sache auf, und da kann es natürlich in dem allgemeinen Durcheinander leicht passieren, daß dann der Weg nach oben immer schwerer einzuschlagen ist. Es gibt also unter diesen nicht-göttlichen Seelen so manche, die gerade noch mit dem Kopf hinausschauen kann in das überhimmlische Reich, es gibt welche, denen auch das nur für kurze Augenblicke gelingt, und manche schaffen es gar nicht. Hier tritt nun die große Spielregel in Kraft: wer das wahrhaft Seiende erblickt, ist zum nächsten Umzug zugelassen, und eine solche Seele hat auch in der Zwischenzeit nichts zu befürchten. Wer aber nur ein bißchen oder gar nichts sieht, der muß 10.000 Jahre warten, und wird solange in eine irdische Inkarnation gesteckt. Der wird, je nachdem wie erfolgreich er gerade noch war beim allgemeinen Aufstieg, Philosoph, König, Politiker, Bankier, Sportler, Priester, Dichter, Handwerker, Sophist oder Tyrann (das ist eine absteigende Wertskala).

Eine Ausnahme von der Regel mit den 10.000 Jahren bilden nur die Philosophen, die können schon nach dreitausend Jahren einen Versuch zur Verbesserung ihrer Lage unternehmen. Und zwar deshalb, weil die Philosophen per definitionem diejenigen sind, die auch während der Wartezeit kein anderes Ziel verfolgen, als die Erinnerung an die gesehenen Ideen möglichst lebendig zu erhalten, aus allen Kräften ihnen entsprechend zu leben etc. Wer das tut, ist einfach ein Philosoph nach Sokrates, und der hat bessere Chancen. Also wir haben das richtige Studium gewählt.

In diesem Zusammenhang hat auch die Anamnesislehre Platons eine besondere Funktion, bzw. man kann sagen, das ist ein Zusammenhang, in dem sich die Anamesislehre sehr schön plausibel machen läßt. Ich lese Ihnen die Stelle vor: (249b) “Denn der Mensch muß gemäß dem, was man Idee nennt, Einsicht gewinnen, indem er von den zahlreichen Wahrnehmungen zu dem kommt, das durch die Überlegung zu einer Einheit zusammengefaßt wird. Das aber ist nichts anderes als die Wiedererinnerung an das, was unsere Seele einst gesehen hat, als sie gemeinsam mit dem Gott dahinfuhr, als sie auf das herabsah, von dem wir nun sagen, daß es sei, und als sie ihren Blick zu dem wahrhaft Seienden emporhob. Deshalb ist es auch gerecht, daß einzig das Denken des Philosophen beflügelt wird; denn mit seiner Erinnerung ist er stets nach Kräften bei jenen Dingen..”. Diese letzte Bemerkung, mit dem beflügelten oder gefiederten Denken des Philosophen, weist uns auf einen wichtigen Aspektunterschied hin. Nämlich wir müssen mit zwei Arten von Bewegung oder Veränderung rechnen in diesem Gesamtbild.

Erstens die Bewegung beim großen Umzug selbst, also zB die Bewegung, die eine einzelne Seele da im Rahmen der Bewegung aller vollführt. Sie scheint zunächst mal ganz abhängig von der Bewegung der beiden Pferde, und insbesondere davon, ob es gelingt, das schlechtere der beiden Pferde richtig unter Kontrolle zu halten; aber genau besehen ist der entscheidende Faktor doch die Befiederung - in die Höhe kommt man umso besser, je besser man befiedert ist. Es scheint bei Plato letztlich nicht ganz geklärt, wie sich diese beiden Faktoren zueinander verhalten, aber klar ist, daß es insgesamt noch eine zweite Dimension der Bewegung gibt, und das ist das Verhalten während der Wartezeit. Ganz offensichtlich kann man während der Wartezeit die Ausgangsbedingungen für das nächste Antreten sich verbessern oder verschlechtern - und zwar, wenn man Philosoph ist: das Denken des Philosophen wird beflügelt, von irgenwelchen anderen bevorzugten Kandidaten ist nicht die Rede. Also wir können das im Grunde nur auf eine Weise verstehen, nämlich daß das philosophische Leben in gewisser Weise den Maßstab für das Schicksal der Seele darstellt. Wer kein Philosoph ist in seinem irdischen Leben - das ist übrigens zumindest zum Teil eine Frage der freien Entscheidung, aber wir wissen ja, daß es viele Leute gibt, die einfach nicht Philosophen werden wollen -, ja also wer kein Philosoph ist, der kann auch seine Position verbessern, aber diese Verbesserung besteht eben genau darin, daß er näher und näher heranrückt an das Leben des Philosophen. Solange er nicht zu dem Punkt vorgedrungen ist, wo er dann wirklich seine philosophische Berufung anerkennt und akzeptiert, so lange können ihm keine Federn wachsen - und darum geht es ja letztendlich. Also das habe ich jetzt schon ein bißchen interpretierend gesagt, aber ich glaube, daß der Text Platons hier eindeutig die Richtung weist. Und vor allem ist das ein sehr wichtiger Punkt später, wenn wir über die Deutung Ficinos reden wollen, dieser Zusammenhang von Heilsschicksal und Philosophie, wenn ich das so sagen darf.

Philosophie, Wahn, Erinnerung

Zunächst muß aber noch das Bild bei Platon vervollständigt werden. Der erste Punkt, auf den es hier aufmerksam zu machen gilt ist, daß an dieser Stelle, bei der Sonderstellung des Philosophen, die Definition der vierten und höchsten Art des Wahnsinns ihren Platz findet. Am besten und kürzesten ist es wohl, wenn ich Ihnen das einfach wieder vorlese, was Plato da über die Situation so eines Philosophen in der irdischen Welt, während der Wartezeit, sagt: “...und wenn man dann neu befiedert ist und auffliegen möchte, dazu aber nicht imstande ist, sondern wie ein Vogel hinaufschaut und sich um die Dinge hier unten nicht kümmert, so gibt das Anlaß zu der Beschuldigung, man befinde sich im Zustand des Wahnsinns. Somit ist dies also unter allen Arten von göttlicher Besessenheit die beste ...” (250a). Also ganz am Rande möchte ich Sie hier an das erinnern, was ich in der letzten Stunde über die ideologisch-historische Konfiguration gesagt habe, die von Petrarca an die platonische Bewegung in der Renaissance bestimmt hat: der Begriff der enthusiastischen Erwartung. Genau das finden wir hier innerhalb der platonischen Philosophie als eine Hauptcharakteristik des Philosophen ausgesprochen. Also das ist die eine Sache, die noch zu ergänzen war, die Art, wie hier dann der höchste Wahnsinn definiert und eingefügt wird.

Aber man muß auch noch ein bißchen genauer hinsehen, wie das Leben des Philosophen beschrieben wird, wodurch das Leben des Philosophen seine spezielle Orientierung bekommt. Das hat einerseits damit zu tun, wie der Philosoph - auch während der Wartezeit - mit seinen beiden Pferden umgeht, und anderseits ist das der Punkt, wo sich die Definition des höchsten Wahns mit der Auffassung der Liebe verbindet. Darauf müssen wir unbedingt noch einen Blick werfen, denn einerseits ist das der Schlüssel zur Lösung der Aufgabe, die sich Sokrates für die ganze Rede gestellt hat (Vorzug des ehrlichen, vom göttlichen Wahnsinn bewegten Liebhabers), und anderseits ist es einer der wichigsten Anknüpfungspunkte für die Interpretation Ficinos.

Also der Zusammenhang wird hergestellt, wenn man fragt, wie vollzieht sich eigentlich diese spezifische Erinnerungsleistung des Philosophen, auf welche Weise ist für ihn noch das präsent, was er - oder genauer seine Seele - in einer ursprünglichen Schau außerhalb des Himmels erblickt hat? In welcher Weise muß das präsent sein, daß es zugleich auch ein Verhalten und eine Lebensweise determinieren kann? Ja, und da sagt Plato nun folgendes: im Grunde ist es so, daß alle die Vollkommenheiten, die da außerhalb des Himmels zu erblicken waren, daß die in der irdischen Welt überhaupt kein Äquivalent haben. Sie haben ja alle in der einen oder anderen Form schon von dieser Lehre von der Teilhabe gehört, also daß die irdischen Dinge und Erscheinungen mehr oder weniger lebhafte oder blasse Abbilder der Ideen sind, an denen sie teilhaben. Genauer gesagt: was an diesen vergänglichen Phänomenen überhaupt einen Charakter von Ordnung, Zweckmäßigkeit und Beständigkeit ausmacht, das ist genau ihre Teilhabe an gewissen ideellen Gehalten. Und hier im Phaidros sagt Plato also, um darauf zurückzukommen, daß diese hohen Ideen wie Weisheit oder Gerechtigkeit etc. aus ihren Abbildern hieniden ja so gut wie gar nicht erkennbar sind. Ihre Abbilder haben nichts an sich, wodurch sie von selbst auf die Urbilder hinlenken könnten. Die einzige Ausnahme ist die Schönheit. Die Schönheit ist auch unter den Ideen gewesen, die unsere Seele einmal - vor 2.999 Jahren, so hoffe ich für uns alle - erblickt hat, und sie hat schon dort oben besonders hell gestrahlt, neben der herben Gerechtigkeit und der immer etwas unauffälligen Besonnenheit. Und das besonders hell Strahlende, das Berückende und Glänzende trägt auch hier auf der Erde den Namen Schönheit - also gibt es sowas wie eine Wiedererinnerbarkeit der ideellen Schönheit aus der irdischen Pseudo-Schönheit, weil sie sich ähnlich sind.

Das Entscheidende für unseren größeren Zusammenhang ist nun freilich, ob die einzelne Seele diese Erinnerung auch will, ob sie diesem Wink auch zu folgen bereit ist. Wenn wir in unserem irdischen Leben mit der Schönheit konfrontiert sind, dann gibt es zwei extreme und entgegengessetzte Reaktionsweisen, sagt Plato - ich konturiere das ein bißchen nach: einerseits kann die Schönheit unmittelbar als Reiz (im modernen Sinne) wirken und ein Verhalten auslösen; das ist dann die direkte Konsumtion der Lust, die das Schöne verspricht. Plato sagt von dem, der so reagiert, er “gibt sich der Lust hin und sucht auf viehische Art sich zu vermischen und zu begatten, und, dem Frevelmut gesellt, scheut er sich nicht und schämt sich nicht, widernatürlicher Lust nachzugehen.” (251a). Die andere Reaktion ist durch einen dazwischengeschalteten Akt der Anschauung charakterisiert: Der Geweihte, sagt Platon, sieht in der irdischen Schönheit die überirdische, ja überhimmlische, und, was entscheidend ist, er hält diese Verweisungskraft fest, er geht dem Schönen, das er erinnert, nach, er geht auf das Urbild zu. Diese Konstellation ist ja auch anderswoher bekannt: daß man das Schöne zuerst erblickt in einer partikularen Gestalt, aber daß man eben nicht die Lust konsumieren darf in dieser flüchtigen Erscheinung, denn das ist dann auch nur eine flüchtige und trügerische Lust, sondern daß man dem Erschauten selbst, der Schönheit folgt, wie sie in einer höheren Gestalt sich darstellt, und immer weiter und höher etc - Sie kennen das zur Genüge aus der Rede der Diotima im Symposium. Und das ist nun die wahre Liebe, diese Liebe, die im Anderen die höchste Schönheit verehrt, statt an ihm eine Lust sich zu verschaffen, die ja nur von der irdischen Inkarnation dieser Schönheit versprochen wird.

Wir haben hier also die zwei wesentlichen Dimensionen der Überlegung zusammengeführt: Einerseits ist nun ein bißchen konkreter beschrieben worden, wie sich dieses Erinnern der ideellen Gehalte abspielen kann, das ja die entscheidende Funktion im philosophischen Leben ist; anderseits ist gezeigt worden, daß das Auftreten des Liebeswahns an sich schon etwas Philosophisches sein kann und auf jeden Fall eine gottgefällige Sache ist. Ich möchte das nur ergänzen, das ist eine besonders herzige Stelle in der Geschichte, wie Plato beschreibt, wie derjenige, der in seinem Geliebten diese höchste Schönheit erblickt, von heißer Aufregung durchglüht wird, und diese Hitze ist es dann, die indirekt seine Federn zum sprießen bringt, ganz im Einzelnen will ich das jetzt nicht mehr erklären. Hingegen sollte man noch anmerken, daß es bei Platon gegen Ende der Rede noch eine schöne und interessante Beschreibung davon gibt, wie der Geliebte, also derjenige, auf den sich die Liebe richtet, an diesem ganzen Prozeß teilnehmen und auch zu einer Wahrnehmung des Schönen gelangen kann, sodaß also der erhebende Effekt durchaus ein geteilter ist. Also wenn man nicht die Kraft hat, allein für sich die Entscheidung zum philosophischen Leben zu treffen, so kann als erstes Hilfsmittel der Umgang mit einem Philosophen förderlich sein. Ja, also das ist soweit die Geschichte bei Plato.