Meine Einstellung

Ich mache jetzt am Schluß der Vorlesung noch eine kleine Bemerkung, die einen grundsätzlichen Aspekt unserer Sache betrifft, aber die Bemerkung selbst ist nicht grundsätzlich, sondern eher unverbindlich gemeint. Es ist eine Bemerkung dazu, wie ich selbst das Engagement der Philosophie in so einer Sache sehe, also in dieser Auseinandersetzung mit der Kunst, der ästhetischen Theorie und der Kunstgeschichte.

Ich sehe das locker. Zunächst negativ ausgedrückt: Auf keinen Fall will ich für die Philosophie den status einer Art Grundlagenwissenschaft für die Kunstgeschichte oder die ästhetische Theorie beanspruchen oder aufbauen. Es gibt ja Leute die sagen: Was die Philosophie mit der Mathematik zu tun hat, das ist daß sie der Mathematik ihre Grundlagen klärt; und mit allen anderen Wissenschaften ist es genau so: die Philosophie klärt die Grundlagen, und die anderen können dann anfangen zu arbeiten, aber was die dann machen ist sowieso keine große Kunst, weil die Grundlagen sind ja geklärt, die Geleise sind ihnen gewißermaßen gelegt. Das ist etwas, was mich überhaupt nicht interessiert. Ich würde mich wahrscheinlich noch eher interessieren für eine kunstgeschichtliche Grundlegung der Philosophie, ja, das würde mich interessieren.

Etwas zweites, was ich auch nicht will, ist eine philosophische Theorie der Kunst oder der Malerei oder der Ästhetik sozusagen zu testen am Beispiel von Francis Bacon. Ich setze keine bestimmte philosophische Theorie voraus. Ich habe keine solche Theorie.

Es geht mir einfach um eine Auseinandersetzung im Denken, von Denken mit Denken. Wir sehen in diesen Kunstwerken eine intellektuelle Energie realisiert, die uns auf verschiedenen Ebenen anspricht. Es ist ja auch eine intellektuelle Energie, die unser Fühlen anspricht. Wenn wir bewegt werden von einem Bild, das ein Ausdruck des Grauens ist oder ein Ausdruck der Freude oder sowas, dann ist diese Bewegung, die da in uns ausgelöst wird, ja auch eine intelligente Reaktion, und nicht nur eine somatische. Aber es ist klarerweise etwas anderes, als die Tätigkeit bewußter Reflexion, in der wir die Bedeutung dieses Bildes zu klären versuchen, in der wir etwa eine konsistente Interpretation dieses Bildes anstreben. Aber beides sind intellektuelle Reaktionen, darauf kommt es mir an, auf die große Bandbreite des Intelligenten. Es gibt auch Intelligenz außerhalb der Philosophie, neunundneunzig komma neun Prozent aller Intelligenz liegen außerhalb der Philosophie, und gerade deshalb muß man sich in der Philosphie, mit diesem einem Zehntel Prozent, besonders anstrengen und versuchen, aus dem großen Spektrum außerhalb möglichst viel zu lernen. Dh was ich da jetzt versuche in dieser Vorlesung, und das ist eben sehr inspiriert von dem, was Deleuze versucht hat, das ist mein Denken in Kontakt zu bringen mit dem, was da an intellektueller Investition vorhanden ist oder gefunden werden kann in diesen Bildern und in dem, was über sie gesagt worden ist.